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30.01.2021, 09.00

Noch immer Weihnachten ?!

 

Wieder wartet sie, dass er kommt. Diesmal wollte er direkt in ihre Stadt kommen. Sie kannte den Weg, den er nehmen musste. So ging sie ihm mit einer Kerze entgegen.

Nein, das ist nicht der Beginn einer billigen Liebesgeschichte, sondern der Sinn des Festes «Darstellung des Herrn». Denn einige Wochen nach der Adventszeit wartet sie, die Kirche, wieder auf sein Kommen. Wieder feiert sie – wie bereits Weihnachten – seine Ankunft in einem Fest, dem Fest «Darstellung des Herrn». Sie geht Jesus in einer Prozession entgegen. Ihm, der am 40. Tag nach seiner Geburt auf den Armen seiner Mutter das erste Mal nach Jerusalem und in den Tempel kam. Im Tempel wird das Kind «präsentiert» und begegnet dort den beiden sympathischen Alten Simeon und Hanna.

Die Bezeichnungen des Festes spiegeln seinen reichen Inhalt

  • «Maria Reinigung» nach der mütterlich-marianischen Seite (so früher in der katholischen Kirche)
  • «Maria Lichtmess» im Hinblick auf die brennenden Kerzen zur Prozession
  • «Darstellung des Herrn» nach der jesuanischen Seite (so heute in der katholischen Kirche)
  • «Hypapanthe» für das Entgegengehen und die Begegnung mit Jesus im Tempel (in der frühen Geschichte des Festes und der byzantinischen Liturgie).

 

Was feiert die katholische Kirche heute am Fest Darstellung des Herrn, am 2. Februar und damit genau 40 Tage nach Weihnachten?

Maria und Josef bringen das Kind nach Jerusalem

Nach den Ereignissen der Geburt in Bethlehem erzählt der Evangelist Lukas: «Es kam für die Eltern Jesu der Tag der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung. Sie brachten das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn zu weihen, gemäss dem Gesetz des Herrn.» (Lukas 2,22f) Dieses Gesetz bestimmt, dass eine Frau 40 Tage nach der Geburt eines Knaben unrein ist. Am Ende dieser Tage der Reinigung bringt sie ein Opfer dar (Levitikus 12,2-8). Auch wenn das alttestamentliche Gesetz nicht vorschreibt, dass dieses Opfer im Jerusalemer Tempel darzubringen sei, dürfte es sich für die Eltern nahegelegt haben, dafür in das kaum zehn Kilometer entfernte Jerusalem zu gehen. Erst danach kehren sie in die galiläische Provinz zurück (Lukas 2,39). Das Fest der Darstellung Jesu im Tempel musste demnach der 40. Tag nach Weihnachten, der 2. Februar, sein.

Für die Jerusalemer Christen waren alle Hinweise auf Orte und Zeiten des Lebens Jesu in den Evangelien brennend interessant, konnten sie doch jederzeit dorthin gehen. Dass Jesus am 40. Tag nach seiner Geburt von Maria und Josef nach Jersualem hinaufgetragen wurde, drängte sich geradezu als etwas Besonderes auf: Zum ersten Mal in seinem Leben kommt Jesus in die heilige Stadt und in den Tempel. Möglicherweise ist dies der Grund, dass die Jerusalemer Gemeinde bereits wenige Jahrzehnte nach der Entstehung des weihnachtlichen Geburtsfestes (etwa Mitte des 4. Jahrhunderts) den 40. Tag ausgesprochen festlich und mit höchster Freude – «wie an Ostern» – begeht. So berichtet es nämlich die Pilgernonne Egeria in ihrem Reisetagebuch gegen Ende des 4. Jahrhunderts aus Jerusalem.

Christus kommt in seinen Tempel

Das Erscheinen eines Gottes im Tempel oder die erste Ankunft eines neuen Herrschers in einer Stadt, das Ereignis des Adventus, war in der Antike Anlass zur Freude und zum Fest. Den Einzug des Herrschers in die Stadt bereiteten die Bewohner deshalb vor, indem sie ihm entgegen gingen, um dann mit ihm zusammen in die Stadt zu ziehen. Seinem Kommen entspricht ihr Entgegen-laufen. Im 5. Jahrhundert eilten die Jerusalemer Christen am Fest der Darstellung ihrem «Herrscher», dem menschgewordenen Gott und von Jesaja verheissenen Friedensherrscher, in Richtung Bethlehem entgegen.

Auf diesem Weg lag ein Kloster, das eine fromme Frau namens Hikelia gegründet hat. Hikelia soll ihre Mönche mit Kerzen ausgestattet haben für diesen Weg Christus entgegen und dann mit ihm in die heilige Stadt hinein. Mit Kerzen in den Händen gehen fortan und bis heute die Menschen an diesem Tag Christus entgegen. Im Licht der Kerzen begleiten sie sein Kommen – nun nicht mehr in das palästinische Jerusalem, sondern in ihre Pfarrkirche als in ihr Jerusalem.

Heute Christus entgegen gehen: die Prozession

Vom Kommen des Herrn in seinen Tempel ist deshalb seit der Zeit der Alten Kirche bis heute in den Lesungen, Gesängen und Gebeten die Rede. Wer die heutige Liturgie einmal daraufhin durch-meditiert, wird spüren, wie der antike Zusammenhang von Ankunft und Entgegeneilen noch immer die Liturgie prägt. «Seht, Christus, der Herr kommt in Macht und Herrlichkeit …» lautet ein Gesang zur Eröffnung (Messbuch). Wie bei allen Prozessionen erklingt zu Beginn der Aufruf: «Lasst uns ziehen in Frieden – Christus, dem Herrn, entgegen!» Und jene, die mit den gesegneten Kerzen in der Hand von einer nahegelegenen Kirche oder wenigstens von draussen in den Kirchenraum einziehen, vollziehen dasselbe wie die Jerusalemer Christen, als sie Christus nach Bethehem entgegenzogen und seinen Einzug in Jerusalem begleiteten.

Heute mit Christus ankommen: die Eucharistiefeier

Im Kirchenraum angekommen spricht wieder der Eröffnungsvers aus, was sich ereignet: «Wir haben dein Heil empfangen, o Gott, inmitten deines Tempels. …» (Messbuch) Die alttestamentliche Lesung deutet das Geschehen: «So spricht Gott, der Herr: Seht, ich sende meinen Boten; er soll den Weg für mich bahnen. Dann kommt plötzlich zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht … Seht, er kommt!» (Maleachi 3,1) Der Psalm nach dieser Lesung nimmt das Thema des Kommens auf, indem er die Stadttore auffordert, sich zu heben, weil der König der Herrlichkeit einzieht (Psalm 24). In der Verkündigung des Evangeliums nun kommt Jesus mit Maria und Josef in seine Stadt und in seinen Tempel (Lukas 2,22-40).

Noch zweimal wird dann das Entgegengehen der feiernden Versammlung angesprochen, am Schluss der Präfation («Darum gehen auch wir dem Erlöser freudig entgegen und singen mit den Engeln und Heiligen das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig, heilig, heilig …») und im Schlussgebet (… «Lass uns Christus entgegengehen und in ihm das ewige Leben finden …»).

Das Kommen Christi zu uns, sein Advent, ist weder Weihnachten noch am Fest seiner Darstellung im Tempel zu Ende – er will immer wieder bei uns ankommen. Deshalb ist auch unser Entgegengehen mit dem Schlussgebet nicht zu Ende. Es gewinnt vielmehr eine eigene Dynamik: «im Entgegengehen vorwärtsschreitend», so die wörtliche Übersetzung des Schlussgebets (in occursum … procedentes). Im Entgegengehen vorwärtsschreitend – ist das nicht auch ein Bild für die Lebensgeschichte jeder Christin und jedes Christen mit Jesus?

Er begegnet in Simeon und Hanna den Frommen Israels

Dass Christus den Menschen zu ihrem Heil und Frieden begegnen wollte, zeigt schon der biblische Bericht: Simeon wurde vom heiligen Geist in den Tempel geführt, als die Eltern Jesus herein-brachten. Vom Geist gelehrt, erkennt er im Säugling den Messias. Deshalb nimmt er das Kind in seine Arme und preist Gott: «Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel.» (Lukas 2,29-32, nach den lateinischen Anfangsworten «Nunc dimittis» genannt und jeden Abend im liturgischen Nachtgebet, der Komplet, gesprochen).

Wenn in der Antike ein neuer Herrscher zum ersten Mal in eine Stadt kam, so brachte das der Bevölkerung allerlei Lustbarkeiten, Geschenke und anderes. Als Jesus das erste Mal in seine Stadt und in den Tempel (vgl. Lukas 2,49) kam, erkannte der fromme Greis Simeon, was er für Israel und die Heiden bringen wird: Heil, Licht und Herrlichkeit, also Schalom – Frieden. In der Begegnung mit Jesus erkennt Simeon schon im vorhinein seine befreiende Botschaft. So kann er nun in Frieden aus diesem Leben scheiden. Hanna, eine Prophetin im hohen Alter, tritt hinzu. Auch sie erkennt, was sich da ereignet, und preist Gott. Ausserdem aber beginnt sie, über dieses wundersame Kind zu sprechen und so Christus zu verkündigen. In Simeon und Hanna begegnet Jesus zum ersten Mal den Frommen Israels.

 

Quelle: Liturgisches Institut der deutschsprachigen Schweiz: Gunda Brüske